Wenn ihr an die Geschichte der Menschheit denkt, dann wisst ihr so gut wie ich: Die Spaltung einer Gesellschaft in die „Guten“ und die „Bösen“ hat noch nie ein harmonisches Ende genommen. Und fast immer haben sich alle Beteiligten im Nachhinein gefragt, wie es denn überhaupt so weit kommen konnte, dass die Spaltung solche Ausmaße angenommen hat.
Wenn ich aktuell unsere Gesellschaft mit dem Blick eines Forschers, also so quasi unter die Lupe nehme, frage ich besorgt: Sind wir nicht wieder auf dem Weg dahin?
Alle Aufmerksamkeit für die Honigfalle
Was ich beobachte, ist nämlich, dass beim Thema Impfung ein tiefer Riss quer durch die kleinsten Einheiten unserer Gesellschaft geht – so wie bei dem Paar aus meiner nächsten Umgebung: Er ist Arzt und Gegner der Impfung, sie ist Apothekerin und glühende Befürworterin. Und was den beiden gleichermaßen komplett aus dem Blick geraten ist, sind ihre Gemeinsamkeiten. Dabei haben die beiden jede Menge Dinge, die sie verbinden, große und kleine.
Diese Spaltung ist mit die gefährlichste Honigfalle unserer Zeit: Sie lenkt in ihrer Macht alle Aufmerksamkeit auf sich, es bleibt kein Bewusstsein mehr für die vielen, vielen Gemeinsamkeiten, die die Menschen verbinden.
Dieser Verführung wirke ich entgegen, wo immer ich kann. Und ich merke, wie gut das den Menschen tut.
Die Überraschung im Konzert
Das funktioniert schon bei ganz unscheinbaren Begebenheiten: Wenn ich zum Beispiel am See spazieren gehe und Menschen an der gleichen Stelle stehen bleiben wie ich, dann halte ich inne und schaffe ihnen den Raum für die Verbundenheit.
Oder wenn ich jemanden bei einen Konzert treffe, von dem ich nie vermutet hätte, dass er diese Musik auch mag – und er nicht von mir: Das ist wow, weil wir dann uns gegenseitig überraschend in unserer Schönheit erkennen.
Ganz toll lässt sich das erleben bei uns im Städtli, wenn sich beim legendären Töfflibuabatreff Jung und Alt am See treffen.
Die Verbundenheit am See
Diese Veranstaltung bringt die unterschiedlichsten Menschen zusammen: den Unternehmer mit dem Philosophen und den Richter und dem jungen Auszubildenden. Alle zeigen stolz ihre alten Töffli (Mofa in deutsch), das sie teilweise vom Opa aus dem Schuppen geholt haben. Die Männer stehen fachsimpelnd um ihre Gefährte herum – alles andere ist in dem Moment egal. Diese Verbundenheit unter Menschen, die sonst nie miteinander reden würden, ist großartig.
Dieses Jahr kamen ganz besonders viele Menschen zu diesem Treffen: Der Wunsch nach Gemeinsamkeiten ist groß. Und es ist mir eine Freude, das zu unterstützen. Genauso wie diese zauberhafte Idee der Schwatzbänkli.
Eine Bank für die Polarität
Solche Bänke stehen beispielsweise in Chur und laden dazu ein, sich zu setzen und gleichzeitig zu sagen: „Ich bin bereit, dass sich jemand zu mir setzt.“ Diese Schwatzbänkli schaffen eine Verbindung zwischen Menschen. Sie stehen damit für das Gegenteil von Dualität, von dem Gut-Böse-Schema, von Spaltung: Wer sich auf eine dieser Bänke setzt, öffnet den Raum für Polarität, für die Vielfalt, für das Stärkende in der Gemeinsamkeit.
Das ist es, worauf wir unseren Fokus setzen sollten. Damit wir uns eben nicht von der Honigfalle der Spaltung zu etwas verführen lassen, was uns als Gesellschaft spaltet und schwächt.
„Ich arbeite hart, damit ich in ein paar Jahren erfolgreich bin.“ „Wenn ich meinen Traummann erst gefunden habe, bin ich bestimmt total glücklich.“ „Du musst erst etwas leisten, dann kannst du davon zehren.“
Alle diese Sätze, die euch so oder so ähnlich bestimmt bekannt vorkommen, haben eins gemeinsam: Sie glorifizieren ein Ereignis oder eine Situation, die in der Zukunft liegt. Das begegnet mir ganz häufig: Viele Menschen arbeiten in der Gegenwart auf etwas hin, das erst in der Zukunft stattfindet. Dabei vergessen sie doch aber das Hier und Jetzt. Ist es denn nicht besonders wichtig, heute glücklich zu sein?
Keine Verantwortung, keine Schuld
Aber eigentlich ist das ja ganz bequem: Wer immer vom Erfolg in der Zukunft spricht, kann in der Gegenwart nicht scheitern. Die Ausreden, warum heute dies oder jenes nicht so klappt, sind bei dieser Zukunftsausrichtung schnell gefunden. Ist ja alles nicht so wichtig, Hauptsache in ein paar Jahren läuft’s rund …
Wer so denkt, gibt jegliche Verantwortung für die Gegenwart ab. Dabei ist es doch genau umgekehrt: Ihr seid dafür verantwortlich, wie ihr in diesem Moment handelt! Und genau jetzt habt ihr die Möglichkeit, zu gestalten. Natürlich kann ich nicht alles beeinflussen, was um mich herum passiert. Manchmal haben die Beschlüsse anderer Auswirkungen auf mein Leben.
Die Frage ist doch, lass ich mich davon beeinflussen? Gebe ich all dem, was da manchmal so unachtsam getan, gesagt oder nicht getan und nicht gesagt wird, die Macht?
Nein, ich entscheide! An jedem neuen Tag lege ich bewusst fest, wie ich diesem begegne. Meine liebste Variante: voller Freude, mit viel Neugier im Gepäck und offen für alles, was mich erwartet.
Wetterunabhängig durchstarten
So liegt es nicht am Tag – also an irgendwelchen Zufällen, dem Wetter oder mehr oder weniger belanglosen Ereignissen – wie ich mich fühle, meine Einstellung bestimmt den Tag! Schliesslich will ich nicht irgendwann erfolgreich sein, sondern heute. Und zeigt nicht genau diese Freude, mit der ihr durch den Tag geht, dass ihr Erfolg habt? Dass euer Tun euch bereichert? Dass ihr euren Weg geht?
Diese Freude hilft mir auch dabei, das Leben nicht allzu ernst zu nehmen. Da halte ich es wie die frühere Organisatorin des Wiener Opernballs, Lotte Tobisch-Labotýn, die einmal sagte, man müsse diese Veranstaltung ernsthaft organisieren, dürfe sie aber nicht allzu ernst nehmen. Ich finde nämlich: Amüsement gehört genauso dazu. Und davon bietet das Leben einiges – ihr müsst es nur erkennen und dann zulassen. Deswegen lache ich unwahrscheinlich gerne – auch mal über mich selbst.
Heute geschlossene Gesellschaft!
Natürlich bremst mich manchmal auch eine Grippewelle aus oder ich habe einfach keine Lust, anderen Menschen zu begegnen. Es gibt Tage, an denen fühle ich mich einfach nicht danach, der Welt die Tür zu öffnen. Aber auch in dieser Lage übernehme ich Verantwortung für die Situation:
Heute geschlossene Gesellschaft! Und eingeladen bin nur ich :-). Es fühlt sich immer wieder gut an, einfach mal sein eigener VIP zu sein. Ich bleibe Zuhause und lasse es mir so richtig gut gehen. Ich kümmere mich um mein Wohl. Danach bin ich auch wieder bereit für das wunderbare Leben ausserhalb meiner Wohnung.
Jeder ist selbst für sein Glück und seinen Erfolg zuständig, das liegt nicht in der Verantwortung eines anderen. Probiert’ s doch mal aus: Öffnet morgen die Tür, atmet tief ein, macht einen bewussten Schritt hinaus in die Welt und erfreut euch an einem wunderschönen neuen Tag.
Et voilà, ihr steht mitten im Leben und die Zukunft passiert genau JETZT!
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