
Digitalisierung, Artificial Intelligence, New Work – wir müssen schneller werden, dynamischer werden, innovativer werden. Und vor allem: ganz viel Neues erfinden!
Dynamischer? Na klar. Innovativer? Unbedingt. Schneller? Bekommen wir sicherlich hin.
Aber nun mal Hand aufs Herz: Die Menschen schaffen sich mit der Digitalisierung doch eine wahre Krücke ins Haus. Zumindest wenn sie meinen, ständig Neues erfinden zu müssen. Ich hätte da eine viel bessere Idee – einen wahren Geistesblitz womöglich!
Lauter schlaue Köpfe
Der schlaue und naturverbundene Goethe wusste schon, dass alles Gescheite schon gedacht wurde. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und sagen: Wir können nichts Neues erfinden, weil es alles schon gibt.
Das soll natürlich jetzt nicht demotivieren, so dass ihr glaubt: „Mensch, dann kann ich der Welt ja gar nichts Innovatives mehr bieten …“ Weit gefehlt! Goethe und ich möchten damit nur sagen: Ihr müsst die Augen aufmachen und bewusst wahrnehmen, was um euch herum passiert. Denn die Natur ist das beste Wikipedia, die beste Impulsgeberin. Und es gibt einiges zu entdecken!
Mutter Natur steckt voller WOWs, wir müssen sie nur zu lesen und in einen neuen Kontext zu transferieren wissen. Das seht ihr schon im Alltag an Polituren mit Lotus-Effekt oder – wenn ihr noch mal in Richtung Digitalisierung und Artificial Intelligence denkt – an Robotern, deren Gelenke und Bewegungen jenen des menschlichen Körpers nachempfunden sind. Der Mensch an sich ist schliesslich bereits ein wahres Wunder der Natur und als solches ein Teil von ihr.
Miteinander, statt gegeneinander
Wenn die Natur um mich die Natur in mir berührt und die beiden in einen Dialog treten, entstehen wahre Geistesblitze. Dass wir die Natur nutzen, setzt uns aber auch natürliche Grenzen.
Sie überschwemmt einfach mal wieder eine ganze Region, kontert mit einer Hitzeperiode, lässt alles in Eis erstarren, die Erde erzittern und erinnert uns so regelmäßig daran, wer hier der Herr bzw. die Herrin im Haus ist. Und das ist ganz gut so, überschreiten viele doch bereits zahlreiche Grenzen, wenn sie die Natur durch die immer steigende Gier ausnutzen.
Mit der Natur in Konkurrenz zu treten heißt, gegen uns selbst anzutreten. Und wo das hinführt, sehen wir ja täglich in den aktuellen News. Wir sollten also die Balance zwischen Geben und Nehmen immer im Auge behalten und kooperieren, indem wir bewusst Impulse aus der Natur aufnehmen und in unseren Alltag integrieren.
Apropos Impulse!
Für mich ist immer schon alles da, die Natur hat mich nur aus irgendeinem Grund darauf aufmerksam gemacht. So geht es auch vielen Menschen in meiner Umgebung, denen auffällt, dass sie in der Natur die besten Ideen haben.
Der eine Mensch geht lieber am Wasser entlang, der andere joggt im Wald und ein dritter wandert gerne durch die Bergen. Aber letztendlich ist die Natur immer wie ein grosses Wikipedia. Und ein natürliches Social Media, im Sinne von „retour à la nature“, durch das sie alle gleiten, denn alles ist mit allem vernetzt.
Ihr seht, es lohnt sich, sich einzulassen – auf die Natur, die Natur in uns, einen Impuls aufzugreifen und daraus etwas zu kreieren. Im Alltagsstress sind die meisten zu beschäftigt und dann finden Ideen keinen Zugang zum Bewusstsein. Denn die Natur sendet auf einer anderen Frequenz, einem anderen Sender – ich muss auf meinem Empfangsgerät die richtige Welle einstellen, um sie wahrzunehmen. Mich also in die Natur begeben, meine Antennen ausrichten und auf Empfang schalten.
Mit allen Sinnen
Dieses Lesen funktioniert übrigens auch ganz wunderbar mit anderen Menschen. Das ist auch der Grund, weshalb Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt das Röntgenbild nur als einen Teil und seine Betrachtung des Menschen als weiteren Teil seiner Untersuchung versteht. Übrigens betrachtet er dabei nicht nur mit seinen Augen, sondern auch mit seinen Händen – deshalb heißt sein aktuelles Buch auch „Mit den Händen sehen“.
Wenn mich CEOs oder Führungskräfte fragen, warum ich während unserer Gespräche keine Protokolle oder Ähnliches schreibe, die ich nachher nochmal lese, kann ich immer nur schmunzeln. Denn ihnen ist bis dahin nicht bewusst, dass ich die Systeme, also die Umwelt lese, in denen die Menschen wirken. Ich gehe achtsam in jedes Gespräch und höre und schaue ganz genau hin. Ich schalte auf Empfang. Und mein inneres Protokoll sagt mir so viel mehr als jeder Mitschrieb.
Denn ich habe mein ganz persönliches, natürliches Wikipedia immer dabei, eben im Sinne von „retour à la nature“. ;-)